BUND Naturschutz bittet um mehr Rücksicht auf Bäume in Dörfern und Städten
Pressemitteilung vom 05.12.2023
In unseren Siedlungen werden zu viele Bäume gefällt, beklagt der Verband. Ebenso werden die rechtlichen Grundlagen zu wenig beachtet. Doch gerade in Zeiten der Klimaerwärmung sind wir auf Siedlungsbäume angewiesen.
Das Winterhalbjahr hat Einzug gehalten, die meisten Bäume sind kahl, und die Zeit für Gehölzschnitte und Fällungen steht an. „Noch ist es relativ ruhig, aber bald wird der jährliche Kahlschlag an unseren Bäumen wieder beginnen“, sagt Martin Muth, stellvertretender Vorsitzender der BUND Naturschutz Kreisgruppe Memmingen-Unterallgäu. „Die Erfahrung zeigt, dass im Laufe des Winters in unseren Dörfern und Städten zu viele Bäume gefällt werden, obwohl wir die Bäume brauchen und sie zahlreiche wichtige Funktionen erfüllen: Sie spenden Schatten und schützen vor Hitze, sie reinigen die Luft, sie bieten Tierarten Lebensraum, sie prägen unsere Ortsbilder – kurz: sie verbessern unsere Lebensqualität.“
Die Gründe warum Bäume in Siedlungen gefällt werden sind vielfältig – wegen Baumaßnahmen, weil das Laub stört, weil Bäume zu viel Schatten werfen, aus Angst vor herabfallenden Ästen, weil der Baum „eh schon krank ist“ usw.
Diesen Argumenten hält der BUND Naturschutz entgegen:
Bei Baumaßnahmen kann auf Bäume genauso Rücksicht genommen werden wie auf andere Schutzgüter, z.B. auf Gebäude und Leitungen – man muss es nur wollen. Bereits durch einen stabilen und großzügigen Baumschutz (der auch den Wurzelbereich umfasst) sowie leichte Anpassungen der Baumaßnahme könnten viele Bäume gerettet werden.
Bäume werfen Schatten und nehmen Licht – aber sie sorgen auch für Kühlung und Hitzeschutz. Kommunen sollen in den kommenden Jahren Hitzeaktionspläne entwickeln, bei denen die Erhaltung von Laubbäumen ein wichtiger Aspekt sein wird. Jetzt große Bäume zu fällen, um nach Vorliegen eines Hitzeaktionsplans kleine Bäume zu pflanzen, macht keinen Sinn.
Oft werden Bäume aus Angst vor Sturmschäden und Schadensersatzansprüchen gefällt, da Baumbesitzer der Verkehrssicherungspflicht an Gehwegen und Straßen unterliegen. Was die meisten aber nicht wissen: Besitzer von größeren Bäumen sollten regelmäßig (1-2 x jährlich) ihren Baum selbst begutachten und dies dokumentieren. Werden Gefahren festgestellt, z.B. morsche Äste über dem Gehweg, so müssen diese entfernt werden. Sind keine Gefahren erkennbar, und wurde dies dokumentiert, so haftet der Besitzer auch nicht im Schadensfall. Dies wurde durch mehrere Urteile des Bundesgerichtshofs bestätigt.
Betrachtet man die rechtliche Seite, so ist auch der spezielle Artenschutz zu berücksichtigen (§ 44 Bundesnaturschutzgesetz). Weist ein Baum Höhlen, Spalten, Nester und andere mögliche Unterschlüpfe für geschützte Tierarten auf, so darf er ohne eine naturschutzrechtliche Prüfung nicht gefällt werden – es gelten hier die gleichen Vorschriften wie beim Abriss eines alten Gebäudes. Nur leider ist dies nicht bekannt, oder es wird nicht eingefordert, oder nach einer Fällung heißt es „jetzt ist es eh zu spät“. Es ist an der Zeit, dass die geltenden Gesetze auch in der Praxis angewendet werden.
Übrigens hebelt die Verkehrssicherungspflicht den Artenschutz nicht aus – rechtlich sind immer beide Aspekte zu berücksichtigen.
Im Handbuch „Kommunale Grünflächen – Praxis-Ratgeber für Bauhöfe“, das allen Gemeinden im Unterallgäu vorliegt, steht:
„Lassen Sie Kopfbäume, Altbäume oder Höhlenbäume stehen. Sie werden häufig von Arten mit strengem oder besonderem Schutz bewohnt oder sind selbst gesetzlich geschützt. Unabhängig vom Schutzstatus müssen Sie immer überprüfen, ob geschützte Tierarten wie Vögel und Fledermäuse vorkommen. Anzeichen dafür sind ein hohes Alter der Bäume sowie vorkommende Höhlen und Spalten. Ihr Ansprechpartner ist die Untere Naturschutzbehörde.“
Konflikte entstehen oft bei älteren Bäumen. Einerseits geht von ihnen oft eine Bruchgefahr aus, andererseits sind sie ökologisch besonders wertvoll. Auf keinen Fall dürfen sie vorsorglich gefällt werden, stattdessen müssen sie von mehreren sachkundigen Personen begutachtet werden. Die Erhaltung des Baumes sollte dabei oberstes Ziel sein, und gegebenenfalls sind Pflege- und Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. Wir zahlen für die Reparatur winziger Lackschäden an unseren Autos mehrere Tausend Euro, wie viel Geld sollte uns die Erhaltung von Bäumen wert sein?
Der Appell, Bäume zu erhalten, richtet sich an alle Personen. Besondere Verantwortung tragen jedoch die Kommunen aufgrund ihrer Vorbildfunktion. Im Unterallgäu gibt es nur zwei Städte mit einer Baumschutzverordnung – Bad Wörishofen und Memmingen. In allen anderen Gemeinden genießen zumindest die privaten Bäume keinen Schutz. Der BUND bittet daher alle privaten Baumbesitzer sowie alle Kommunalpolitiker, von voreiligen Fällungen abzusehen und sich für die Erhaltung der Bäume einzusetzen.