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Bibermanagement im Unterallgäu

(von Reiner Krieg: Zusammenfassung eines Berichts von Konrad Schweiger, Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Unterallgäu)

Zuständigkeit

Seit dem 01.09.2007 wurde die Zuständigkeit beim Vollzug des Artenschutzes für Biber und Hornissen auf die Landratsämter verlagert. Die Untere Naturschutzbehörde wird von drei ehrenamtlichen Biberberatern unterstützt, um die „Probleme mit dem Biber in Grenzen“ zu halten. Häufig genügen kleine Vergrämungsmaßnahmen, jedoch ist manchmal auch ein Abfang erforderlich.

Ergebnis einer Biberkartierung im UA

Im Jahr 2008 wurden im Unterallgäu 87 Biberreviere festgestellt, in denen ca. 350 Biber leben. Bestandsschätzung für 2012: 800 Biber.

Schutzstatus

Biber sind streng geschützt und es ist verboten sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten. Von diesem Verbot können Ausnahmen zugelassen werden, wenn dies zur Abwendung erheblicher Schäden notwendig ist und zumutbare Alternativen nicht gegeben sind.

Biberentnahmen im Unterallgäu

 

JAHRGENEHMIGUNGENABFÄNGE
2008914
20091824
2010710
20111928
201257
201374
201463
201565
201648
201760

 

 

Jedes Jahr werden darüber hinaus ca. 15 -20 Biber gemeldet, die tot aufgefunden oder überfahren worden sind.

 

Biberschäden

Seit August 2008 können Biberschäden nach den Richtlinien des Umweltministeriums ausgeglichen werden (ausgenommen sind Schäden von Privatpersonen und der öffentlichen Hand)

JahrAnzahlSchadenssummeAusgleich (%)Ausgleich (€)
20091512.765,14 €546.893,18 €
2010 81.430,00 €731.043,90 €
20111412.718,92 €759.539,19 €
20122924.200,00 €8019.360,00 €
2013165.396,68 €754.047,51 €
2014239.476,71 €625.875,56 €
2015185.990,54 €804.792,43 €
2016206.626,30 €744.903,46 €
2017215.254,00 €


 

Weiteres Vorgehen

Wegen der stark gestiegenen Biberschäden im Jahre 2011 (ca. 600.000 €) hat das Umweltministerium von den Landkreisen ein landkreisspezifisches Managementkonzept gefordert. Ziel soll sein, Biber aus erheblich gefahren- und schadensgeneigten Bereichen schnell und ohne vermeidbaren Verwaltungsaufwand zu entnehmen. Andererseits soll in geeigneten Lebensräumen durch Beratung, Prävention und Ausgleichszahlungen ein günstiger Erhaltungszustand gewährleistet werden.

Zur Entwicklung dieses Konzeptes wurden alle Gemeinden im Landkreis gebeten, „Schadensbrennpunkte“ zu melden. Es  werden dann – unter Einbeziehung des Naturschutzbeirats  - Bereiche in einer Allgemeinverfügung zusammengefasst, in denen der Biber in der Zeit vom 01. September bis 13. März getötet werden kann.

Für diese Tätigkeit werden von der Unteren Naturschutzbehörde berechtigte Personen für diesen Bereich bestellt.

 

Die Biberpopulation wird sich trotz der Entnahmen und verunfallter Biber nicht verringern. Der Quotenschlüssel zur Entschädigung wird im März bzw. April bekanntgeben.

Recht hoch die Zahl der im Straßenverkehr im Jahr 2017 umgekommenen Biber mit 22 Tieren. Es ist davon auszugehen, dass diese Zahl auch in den nächsten Jahren stabil bleiben wird bzw. sich sogar noch erhöhen wird. Schäden, die im Straßenverkehr durch Biber entstanden sind werden nur dann von der Versicherung getragen, wenn im Teilkaskovertrag ein Passus Schäden durch nichtjagdbares Wild enthalten ist.

So verminderte sich der Biberbestand im Landkreis Unterallgäu allein durch die Entnahmen und die im Straßenverkehr umgekommenen Biber um ca. 80 Exemplare. Es ist davon auszugehen, dass auch noch weitere Exemplare der Unterallgäuer Biberpopulation (Revierkämpfe etc.) ums Leben gekommen sind.

So ist davon auszugehen, dass sich die Population auf einem stabilen  Niveau eingependelt hat.

Konrad Schweiger Untere Naturschutzbehörde Landkreis Unterallgäu

Biberjahre 2011 bis 2017

Bericht von Rudolf Mendle

Der Biber ist im Unterallgäu seit Jahren angekommen. Die „Entnahmen“ nach der Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen bewegen sich im Bereich der letzten Jahre. Die Zahl der Schadensfälle und die Höhe der Entschädigungen bewegen sich im Bereich der letzten Jahre.

Die positiven Aspekte des Bibers – Schaffung von Lebensraum für viele bedrohte Tiere und Pflanzen müssten bei so einer Bilanz gegengerechnet werden. Baldmöglichst muss auch in Bayern ein gesetzlich festgelegter Mindestabstand zu Gewässern umgesetzt werden. Je 10 m an beiden Seiten eines Gewässers würden kostengünstig Lebensraum für viele Arten schaffen, die ansonsten nur in kleinstem Rahmen (Renaturierungsmaßnahmen Wörthbach bei Kirchdorf und Rammingen, Hungerbach bei Wiedergeltingen) und zu extrem hohen Kosten geschaffen werden können.

Diese Flächen wären  auch als idealer Hochwasserschutz geeignet. Des Weiteren könnten in diesem Uferbereich über eine Vielzahl von Kilometern natürliche Energiewälder, die  für die  Artenvielfalt weit nützlicher sind  als die bei einigen Vorteilen doch recht monotonen Hybridenergiewälder. Sie könnten einen wichtigen Beitrag zur Energiewende im Zeitalter des Klimawandels leisten (CO2 Neutralität).

 

Empfehlenswerte Literatur:

Artenvielfalt im Biberrevier Wildnis in Bayern herausgegeben vom Bayerischen Landesamt für Umwelt. 2009

 

Rudolf Mendle, Januar 2018

 

Biberjahre 2011-2017

Ein Bericht von Rudolf Mendle

Biber in Bayern – Frei zum Abschuss

(von Reiner Krieg)

Das Bayerische Umweltministerium will Tötung von Bibern massiv erleichtern. Dabei sind Biber unsere wichtigsten Verbündeten, um den fortschreitenden Verlust bedrohter Tier- und Pflanzenarten zu verhindern. Keine zweite Tierart schafft anderen Pflanzen und Tierarten so viel Lebensraum. Vom Biber angelegte Feuchtgebiete sind viel artenreicher und kostengünstiger als jedes vom Menschen angelegte Biotop. In Zeiten der Klimaerwärmung ist der Wasserrückhalt durch den Biber unverzichtbar.

Biberfreie Zonen

Völlig konträr dazu steht das Bayerische Umweltministerium. Es weist landesweit alle Unteren Naturschutzbehörden an, auf der Landkreisebene per Verordnung biberfreie Gebiete zu schaffen. Hubert Weiger, Vorsitzender des BN: "Aus Angst vor steigenden Ausgleichszahlungen an Land- und Teichwirte gibt  Minister Marcel Huber nach dem Motto „Töten statt Zahlen“ ein verheerendes Signal." Der BN hätte erwartet, dass der Umweltminister sich für die in anderen Bundesländern längst gesetzlich verankerten naturnahen Uferstreifen, Präventionsmaßnahmen und eine überfällige Renaturierungsoffensive an Gewässern einsetzt.

Bis Ende September 2012 sollen die Landratsämter "erheblich schadensgeneigte" Landschaftsbereiche wie Fischteiche, Gräben oder Straßenbereiche per Allgemeinverfügung als biberfreie Zonen ausweisen, in denen Biber ohne weitere Genehmigung entnommen d.h. getötet werden können. Bisher war dies dort nur mit Einzelgenehmigungen möglich.

In den letzten Jahren hatten praktisch alle Landkreise mit auf den konkreten Einzelfall zugeschnittenen Einzelgenehmigungen flexibel auf besondere Konfliktfälle reagiert. Auf diese Weise werden bereits jetzt in Bayern jährlich 700 Biber in nicht anders lösbaren Fällen entnommen d.h. getötet. Ziel ist nun, mehr Biber zu töten, um die Ausgleichszahlungen auf  jährlich ca. 500.000 € zu begrenzen.

Biber schaffen Biodiversität

Die Verengung der öffentlichen Diskussion beim Biber auf monetäre "Schäden" verkennt völlig die Leistungen und Vorteile gerade dieser Tierart für den Naturhaushalt und für andere gefährdete Arten, aber auch die viel höheren wirtschaftlichen Vorteile für den Menschen.

So zeigen Untersuchungen in Mittelfranken den enormen Nutzen des Bibers für die Erhaltung der Biodiversität. Zahlreiche besonders anspruchsvolle Tier- und Pflanzenartenarten profitieren von seiner Anwesenheit. Darüber hinaus erbringt der Biber auch aus wasserwirtschaftlicher Sicht wertvolle Revitalisierungsleistungen. Auch andere Untersuchungen bestätigen, dass der gesamtwirtschaftliche Nutzen des Bibers deutlich größer ist als die einzelnen Schäden bei Land-, Forst- oder Teichwirten.

Endlich Pufferstreifen an Fließgewässern!

Daher wäre es endlich an der Zeit, dass zur langfristigen Konfliktlösung endlich auch in Bayern die Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes umgesetzt werden. Dies sieht an Bächen und Flüssen einen ungenutzten Pufferstreifen von mindestens 5 Meter Breite vor. Hier treten die weitaus meisten "Schäden" durch den Biber auf. Abweichend vom Bundesgesetz hat die Regierungsmehrheit von CSU und FDP diese in  fast allen Bundesländern eingeführten Uferstreifen auf Druck des Bauernverbandes abgelehnt. Dieser Platz für mehr Natur an den Fließgewässern wäre ein entscheidender Schritt für die Biodiversität in Bayern und eine zentrale Konfliktlösung für Biber und Mensch!

In den Oberläufen der Gewässer sollten zudem vom Biber geschaffene Überschwemmungsgebiete in Konzepte zur dezentralen Hochwasserrückhaltung einbezogen werden.

Der Biber – eine unendliche Geschichte

(von Rudolf Mendle)

Wurde der Biber im Landratsamt im Rahmen der Ausstellung „Mein lieber Biber“ noch wohlwollend empfangen, hat sich seine Situation auch im Unterallgäu allem Anschein nach nicht unbedingt zum Besseren gewendet.

Wie dem Bericht Bibermanagement von Konrad Schweiger, Sachgebietsleiter Naturschutz im Landratsamt Unterallgäu zu entnehmen ist, erstellt der Landkreis auf Grund einer Anordnung des Umweltministeriums ein landkreisspezifisches Bibermanagementkonzept.  Dieses Managementkonzept sieht eine als Allgemeinverfügung bezeichnete Neuregelung für den Abfang von Bibern vor, über die der Naturschutzbeirat in seiner letzten Sitzung (27.09.2012) abgestimmt hat

Drastische Verschlechterung der Situation

Konnten bisher Biber nur auf Grund von Einzelgenehmigungen durch die Biberberater des Landkreises entnommen werden, ist es zukünftig möglich, dass diese Einzelgenehmigungen in bestimmten Gebieten nicht mehr erforderlich sind. Der BN befürchtet, dass damit der Willkür im Umgang mit dem Biber trotz der Einbindung der Biberberater Tür und Tor geöffnet wird.

Intensive Diskussion im Naturschutzbeirat

Gegen die beiden Stimmen der BN- und LBV-Vertreter im Naturschutzbeirat wurde diese Allgemeinverfügung mit den Stimmen der Vertreter von Landwirtschaft, Jagd und Forst und der Stimme von Herrn Landrat Weirather erlassen. Bei der darauf folgenden genauen Ausgestaltung wurden 68 Einzelgebiete diskutiert, die aufgrund der Schadensmeldungen der Kommunen in die Allgemeinverfügung aufgenommen werden sollten. Für 33 Einzelgebiete konnte dies verhindert werden. Die 35 in die Verfügung aufgenommenen Gebiete betreffen zumeist kommerzielle Fischzuchten oder gefährdete Sraßen.

Gerhard Schwab, BN-Biberberater, der im Vorfeld befragt wurde, weist darauf hin, dass der Biber weiterhin seinen Schutzstatus behält. Seiner Meinung nach war das bisherige Management mit der Entnahme von einzelnen Tieren durchaus erfolgreich und ausreichend.

Auch positive Aspekte herausstellen

Kritisch werten wir, dass das negative Image, das dem Biber besonders von Seiten der Landwirtschaft umgehängt wird, durch diese neue Praxis in der Bevölkerung unter Mitwirkung einer sehr einseitig berichtenden Presse verstärkt wird. Der Biber wird vorwiegend als Schädling dargestellt. Seine positiven Aspekte werden meist unterschlagen oder kommen nur vereinzelt vor.

BN-Forderungen an den Landkreis

  • Behutsamer Umgang mit dem Biber
  • Eine äußerst zurückhaltende Umsetzung der Entfernungsmaßnahmen in den auf das Notwendigste beschränkten ausgewiesenen Gebieten, in denen die Entnahme auf Grund der Neuregelung möglich ist.
  • Eine regelmäßige Erhebung der Biberbestände im Landkreis. (Äußerst skeptisch betrachtet der BN die wohl deutlich zu hoch angesetzte Schätzung von 800 im Landkreis vorkommenden Bibern).
  • Wir fordern landkreisweite Programme, die helfen, dem Biber genügend Lebensräume entlang der Gewässer zur Verfügung zu stellen, um auf diese Weise das Konfliktpotential deutlich zu senken.
  • Renaturierungsmaßnahmen, Ankauf von Flächen im Rahmen eines Biberfondprogramms wie es der Landkreis Landsberg vorbildlich vorgelebt hat, intakte Gewässer im Rahmen des von der EU eingeforderten Programms, Erweiterung der Uferzonen, Gestaltung und Bepflanzung evtl. zur Nutzung als Kurzzeitplantagen.
  • Der Landkreis wird aufgefordert die positiven Aspekte des Bibers öffentlichkeitswirksam darzustellen. Zitat Konrad Schweiger: „Bei all den aufgeführten Schäden, die der Biber anrichtet, schafft er in Bereichen wo man den Biber gewähren lassen kann, Feuchtgebiete, die in kürzester Zeit von verschiedensten Insekten, Vögeln und Fischen besiedelt werden. Viele gefährdete Tiere und Pflanzen profitieren von den Aktivitäten des Bibers. Die Artenvielfalt in und an Biberlebensräumen nimmt durch die Geländeumgestaltung und das Nahrungsangebot sprunghaft zu.“