Zur Startseite
  • Aktiv werden
  • Öko-Tipps

Ortsgruppen

Fachgerechte Baumpflege oder Baumverstümmelung ?

Von Jim Falkner (Baumpfleger) und Martin Muth (Diplom-Biologe)

Im Winter werden viele Zuschnitte an unseren Bäumen vorgenommen, obwohl sie im Sommerhalbjahr (März – September) viel verträglicher und sinnvoller wären. Aber egal zu welchem Zeitpunkt: leider werden die Baumschnitte oft nicht fachgerecht durchgeführt, so dass wir immer öfter „verstümmelte“ bzw. gekappte Bäume in unserem Umfeld zu sehen bekommen. Als Kappungen werden Schnittwunden größer als 10 cm bezeichnet.

Wird ein Baum im Siedlungsbereich zu groß oder gefährden Äste die Verkehrssicherheit, möchten Besitzer dessen Krone reduzieren. Bei einer fachgerechten Kronenreduzierung und Kronenpflege werden Äste ganz entnommen oder auf einen Seitentrieb eingekürzt. Die verbleibenden Äste wachsen stabil weiter, das Kronenbild bleibt erhalten, ist aber lichter und kleiner geworden.

Diese korrekte, aber mehr Fachwissen erforderliche Methode wird von Laien, Hausmeisterdiensten und Bauhofmitarbeitern leider oft mit Kappungen verwechselt. Anstelle von vielen kleinen Einkürzungen werden ein paar große Schnitte oftmals mit der Motorsäge durchgeführt – das Ergebnis ähnelt einer Amputation. Laien sind sich der Folgen meist nicht bewusst. Sie sehen, dass der Baum im nächsten Frühjahr wieder munter austreibt und folgern daraus, dass alles in Ordnung wäre. Dies ist aber nicht der Fall!

Die Vitalität des Baums wird durch Kappungen zwar nicht zwingend vermindert, besonders wenn sie im Winter durchgeführt werden. Bäume lagern Reservestoffe im Stamm ein und treiben im Frühjahr mit geballter Kraft wieder neu aus. Das Problem ist ein anderes:

Neu austreibende Äste haben eine schlechte Anbindung. Sie wachsen nicht ausgehend vom Zentrum, der Stamm- bzw. Astmitte, und sie sind nicht mit den Jahresringen verzahnt, sondern sie wachsen aus den äußeren Holzschichten. Die Neutriebe werden von Jahr zu Jahr dicker, länger und schwerer und werden aufgrund der schlechten Anbindung sukzessive akut bruchgefährdet.

Nur ursprünglich primäre Äste, die aus Knospen von einjährigen Ästen über die Jahre mitgewachsen sind, sind gut „verzahnt“ und i. d. R. sehr stabil (es gibt Ausnahmen). Das ist ab dem Zeitpunkt einer Kappung für alle Neuaustriebe nicht mehr gegeben.

Und noch etwas spricht gegen Kappungen: Sie verursachen große Schnittwunden, über die holzzerstörende Pilze und Bakterien eindringen können. Die Wunden sind so groß, dass der Baum diese nicht mehr verschließen bzw. überwallen kann. Die Folge wird eine fortschreitende Fäule sein.

Führt man neben einer Straße Kappungen durch, so hat man also genau das Gegenteil von Verkehrssicherheit erreicht. Aber man hat definitiv für Folgeaufträge gesorgt, denn wenn gekappte Bäume nicht regelmäßig gepflegt werden, werden sie ziemlich schnell zu „Problembäumen“ mit verminderter Verkehrssicherheit.

Die Bilder zeigen Kappungen von Bäumen, die offensichtlich von Laien bzw. nicht qualifiziertem Personal durchgeführt wurden. Sie sind nicht fachgerecht, entsprechen nicht dem Stand der Technik, sind baumzerstörend und müssen dringendst verhindert werden. Vier Aufnahmen stammen aus Buxheim, eine aus Memmingen. Ähnliche Verstümmelungen findet man zu Dutzenden in Buxheim, und leider im ganzen Land, weltweit.

Bei fachgerechter Pflege kann die Verkehrssicherheit auch ohne Verstümmelungen erreicht werden: durch regelmäßige Einkürzung der Äste entsteht nicht das Problem, dass schwere Äste ausbrechen und auf die Straße fallen können.

Fachleute führen Kappungen übrigens nur bei akuter Gefahr, wie beispielsweise bei drohendem Astbruch, der nicht durch eine andere Maßnahme verhindert werden kann, aus.

Professionelle Baumpfleger nehmen an Weiterbildungen teil um sich für ihre Arbeit bestmöglich zu qualifizieren. Gartenbesitzer, Hausmeisterdienste und Bauhofmitarbeiter sind dagegen fachlich oft unqualifiziert oder aber haben kein persönliches Interesse an der Baumgesundheit, führen aber die gleichen Arbeiten durch. Das Ergebnis sind dann im schlimmsten Fall zerstörte Bäume. Das kann nicht sein! Städte und Gemeinden sollten mit gutem Beispiel vorangehen, ihre Mitarbeiter schulen und Aufträge nur an Fachpersonal vergeben. Durch Öffentlichkeitsarbeit sollen private Baumbesitzer sensibilisiert und zu mehr Rücksichtnahme bzw. Verzicht auf Kappungen bewegt werden.

Abschließend noch eine Ergänzung: die Steigerung von Baumverstümmelung ist das Fällen von Bäumen. Leider geschieht dies in unseren Dörfern und Städten (außer es gibt eine Baumschutzverordnung wie in Bad Wörishofen und Memmingen) immer noch mit einer Selbstverständlichkeit, als gäbe es keine Umweltprobleme.

In Zeiten von Klimaerwärmung und Artensterben sollte es uns grundsätzlich darum gehen, Bäume und ihre Gesundheit zu erhalten. Wir müssen uns von den Vorstellungen, dass Bäume Dreck machen und gefährlich sind, lösen. Bäume schenken uns Sauerstoff und binden schädliches Kohlendioxid, sie spenden Schatten und Kühle an heißen Sommertagen, sind eine Wohltat für unsere Augen und Lebensraum für Insekten und Vögel. Bäume sind ein Wunder der Natur!