Amazon am Allgäu Airport
Warum die Ansiedlung des Online-Giganten keine gute Nachricht ist.
Mai 2021
Der Online-Händler Amazon möchte ein Auslieferungslage am Allgäu Airport einrichten. Das mögen manche gut finden, die sich über noch kürzere Lieferzeiten für ihre bei Amazon bestellten Produkte freuen. Viele jedoch sehen die Firma und ihr Geschäftsmodell eher kritisch. Dafür gibt es etliche gute Gründe:
Amazon macht auch in Deutschland riesige Gewinne ohne angemessene Steuern zu zahlen.
Die Infrastruktur Deutschlands wird dabei in jeder Hinsicht genutzt, die Firma zahlt aber dafür praktisch keine Steuern und kommt damit auch noch durch.
Die Gewerkschaften kritisieren die schlechte Bezahlung und Qualität der Arbeitsplätze.
So wurde in Graben bei Augsburg schon mehrfach gestreikt, um die Arbeitsbedingungen und die tarifliche Bezahlung der Mitarbeiter zu verbessern. Die Firmenleitung zeigt sich davon unbeeindruckt.
Der boomende Online-Handel geht eindeutig auf Kosten des regionalen Einzelhandels.
Manche Politiker und Wirtschaftsvertreter beklagen einerseits das Ausbluten der Innenstädte, befürworten aber andererseits die Ansiedlung immer weiterer Auslieferungslager von Amazon vor Ort. Das ist nicht nur widersprüchlich sondern auch heuchlerisch.
Online-Handel ist nicht nachhaltig.
Wer online bestellt, nimmt erhebliche Belastungen für die Umwelt in Kauf. Das sind vor allem höhere CO2-Emissionen durch die Lieferung der Waren durch Lastwagen oder gar Frachtflugzeuge. Der Verdacht liegt nahe, dass Amazon sich nicht ohne Grund neben ihrem großen Lager in Graben bei Augsburg am Allgäu Airport ansiedeln will. Die Firma hat eine Flotte von großen Frachtflugzeugen (Boeing 767), die am Leipziger Airport bereits im Einsatz sind. Nach der Ertüchtigung des Allgäu Airports – übrigens bezahlt mit großzügigen Subventionen in Millionenhöhe durch die Bayerischen Staatsregierung – könnten Frachtflugzeuge nun dort landen. Die Anwohner des Allgäu Airports werden dann mit mehr Lärm und Luftschadstoffen durch große Frachtflugzeuge belastet.
Viele Waren, z.B. elektronische Geräte, müssen zum Versand aufwändig verpackt werden. Auch der wachsende Anteil von Lebensmittellieferungen führt zu noch mehr Verpackungen für Kühlung und Isolierung. Fast jeder zweite Kunde, insbesondere bei Bekleidungskäufen, schickt seine Bestellung kostenfrei zurück und generiert dadurch noch mehr Verkehr und Umweltbelastung. Tag für Tag sind das Hunderttausende von Paketen. Rund ein Viertel der Zustellungen schlägt beim ersten Versuch fehl. Die Ware fährt wieder zurück und die Kunden müssen ihr Paket eventuell selbst abholen. Die dadurch entstehenden zusätzlichen Wege verschlechtern die Ökobilanz des Online-Handels. Ein absoluter Skandal ist die Vernichtung von Retouren, also funktionstüchtiger und teilweise sogar neuwertiger Waren, durch Amazon. Die Firma räumt dies ein und organisiert sogar die Vernichtung von Waren anderer Anbieter. Dies kommt die Firmen anscheinend billiger als Überprüfung der Funktion und erneute Verpackung. Hier werden wertvolle Ressourcen verschwendet.
(Quellen: Frontal 21 und Wirtschaftswoche)
Was kann man denn da machen?
Der Trend zu immer mehr Online-Handel ist trotz der oben genannten Kritikpunkte ungebrochen. Manche resignieren angesichts der Marktmacht solcher Firmen wie Amazon. Wir leben in Deutschland aber in einem demokratischen Rechtsstaat und die Bevölkerung hat die Chance ihre berechtigten Interessen durchzusetzen.
Gehen Sie Ihre gewählten Politiker im Bundestag an und fordern Sie diese dazu auf, sich für eine gerechte Besteuerung von Amazon einzusetzen. Fragen Sie sie, was sie bisher dazu unternommen haben. Geht nicht, gibt´s nicht!
Auch Lokalpolitiker hören auf die Bevölkerung, wenn sich ein klarer Trend abzeichnet. Sie wollen wiedergewählt werden. Schreiben Sie Leserbriefe oder sprechen Sie Ihre gewählten Vertreter direkt an. So hat Amazon die ursprünglich geplante Ansiedlung im Gewerbegebiet der Besitzgesellschaft 2 am Allgäu Airport aufgegeben, weil sich dafür offenbar keine Mehrheit im Stadtrat Memmingen und im Kreistag Unterallgäu abgezeichnet hat. Nun will Amazon auf dem benachbarten Gelände des Airports bauen.
Unterstützen Sie nicht Jeff Bezos Raumfahrtprogramm, sondern stärken Sie den lokalen Einzelhandel in Ihrer Gemeinde, indem Sie vor Ort einkaufen. Dadurch bleibt die Wertschöpfung in Ihrer Region, hochwertigere Arbeitsplätze bleiben erhalten, die Innenstädte bluten nicht aus, die Lebensqualität in Ihrer Gemeinde steigt.
Kurze Wege beim Einkaufen, wenn es geht mit Rad oder ÖPNV, sind wesentlich umweltfreundlicher als Online-Bestellungen. Unser Ziel sollte eine regionale Kreislaufwirtschaft mit Produkten von hier sein statt Waren, die einmal um die Welt gegangen sind, bevor sie bei uns zuhause landen.
Wenn Sie unbedingt online einkaufen wollen oder müssen, wählen Sie einen Anbieter vor Ort und vermeiden Sie internationale Großzusteller, die Umwelt- und Sozialstandards drücken. Machen Sie möglichst Sammelbestellungen und wählen Sie die Zustellvariante „Standard“ oder „Normal“, denn „Express- oder Prime-Dienste“ führen zu zusätzlichen Belastungen für die Umwelt.
Vielleicht überdenken Sie einmal Ihr Einkaufverhalten. Muss es unbedingt ein neuwertiges Produkt sein. Secondhand- Läden könnten z.B. beim Kleiderkauf eine Alternative darstellen. Hat in Ihrer Nähe ein Unverpackt-Laden aufgemacht? Es gibt viele Möglichkeiten, den persönlichen CO2-Fußabdruck zu verkleinern, Online-Bestellungen bei Amazon gehören nicht dazu!