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15. September 2020

Über 30 Jahre Naturverjüngung im Bedernauer Forst

Waldbegang mit Förster Roland Lembach

Ein lauer Spätsommerabend, der Duft von Wald, Vogelzwitschern: Am 15.9.2020 führte der Geschäftsführer der Forstbetriebsgemeinschaft Mindelheim und Revierleiter Roland Lembach eine Gruppe von BUND Naturschutzmitgliedern, FBGlern und Interessierten durch den Wald von Freiherr von Castell.

Ganz offensichtlich wurde hier der Wald seit vielen Jahren anders bewirtschaftet als in vielen der umliegenden Bereichen: Statt Fichten-Monokulturen gibt es hier auf relativ kleiner Fläche naturverjüngten Wald in verschiedenen Stadien zu sehen. Seit über 30 Jahren setzt Lembach auf Durchforstung und entnimmt einzelne Bäume, statt ganze Flächen kahlzuschlagen. In den entstehenden Lücken gibt es genügend Licht für nachwachsende Bäume. Statt hohen Kosten für die Einzäunung von Neupflanzungen mit meist schiefen Wurzeln säen sich die Bäume selbst aus und es gibt noch eine Förderung vom Staat. Freilich gehe laut Lembach diese Art der Naturverjüngung nur Hand in Hand mit der Jagd und verlässlichen Abschüssen, um Verbiss und Fraß von Sämlingen einzuschränken.

Sehr gut gefällt den Naturschützern, dass ein Teil des Totholzes im Wald verbleiben darf. Besonders stehendes Totholz von heimischen Laubbäumen ist ein wertvoller Lebensraum für Käfer, Wildbienen, Ameisen, Pilze und Flechten. Überrascht sind die Gäste, dass Buchen fast nur als Brennholz verkauft werden können und wenig wirtschaftlichen Wert haben, da die entsprechende Verarbeitung hier nicht gängig ist. Auch sonst hatten sich einige den Spaziergang etwas romantischer vorgestellt: Die Jagdproblematik ist ein großes Thema mit unterschiedlichen Ansichten und auch unsere heutige wirtschaftliche Sichtweise auf den Lebensraum Wald.

Der Wald von Castell ist im Gegensatz zu vielen anderen Landstrichen in Deutschland (noch) klimatisch begünstigt. Sehr gute Böden und ausreichend Niederschlag ermöglichen es, weiterhin auf die Fichte als „Brotbaumart“ zu setzen. Ziel hier sind 60% Fichte, 15% Buche, 15% Weißtanne, 10% weitere exotische Bäume. Silke Lotterbach von der BUND Naturschutz Ortsgruppe freut sich über diese Vielfalt und regt an, vereinzelt auf weitere heimische Baumarten zu setzen: Berg-Ahorn, Spitz-Ahorn, Vogelkirsche, Trauben-Eiche, Stechpalme, Eibe … die Artenliste ist lang. Denn viele Insekten sind seit Jahrtausenden auf entsprechende Pflanzen spezialisiert und können sich nicht in wenigen Jahrzehnten auf exotische Pflanzen anpassen.

Angeregt wurde die Veranstaltung von Heike Hartwich, die seit einigen Wochen selbst ein benachbartes Stück Wald pflegt. Ihr gefiel der auffällig andere Wald. Lembach greift in „seinem“ Wald so wenig wie möglich ein und spart somit Aufwand und Kosten. Bäume in vielen verschiedenen Größen ergeben einen schön anzusehenden Lebensraum. Der Kreislauf vom Samenkorn zum Baum bis hin zum Totholz und Zersetzen zur Erde findet hier Raum und viele Veränderungen sind so langfristig, dass erst die nächsten Generationen sie erleben werden.