Hauskatzen: Süße Samtpfoten oder eiskalte Jäger?
Glücksmoment für Katzenfans
Von Freud und Leid für Stubentiger und die Artenvielfalt
Was für eine schöne Nachricht! Die Katze Nala wurde nach fast vier Wochen wiedergefunden, 35 km entfernt von ihrem Zuhause. Was sie wohl erlebt hat? Alle Beteiligten sind froh über dieses Happy End und endlich gibt es wieder eine positive Nachricht zwischen all den Meldungen über vermisste oder verunglückte Katzen.
Glücklicherweise gibt es inzwischen viele Menschen, die sich in Netzwerken zusammengeschlossen haben, um vermisste Katzen zu finden und sie wieder nach Hause zu bringen. Leider gehen sehr viele Geschichten nicht so gut aus: Oft werden vermisste Katzen tot am Straßenrand gefunden und so hat es sich zum Beispiel der Verein katzevermisst e.V. (http://katzevermisst.de/) zur Aufgabe gemacht, auch darüber zu informieren. So haben die Suchenden wenigstens Gewissheit, was mit ihren Lieblingen passiert ist. Allein im Jahr 2022 hat der Verein 616 Tiere in Mindelheim und der Umgebung tot aufgefunden.
Und es gibt einen weiteren Trend: Immer mehr Katzenhalter:innen entscheiden sich dafür, ihre Katzen in der Wohnung oder im Freigehege zu halten. Allein in der Facebook-Gruppe „Katzengarten - gesicherter Freigang“ z.B. tauschen sich inzwischen fast 25.000 Menschen darüber aus, wie man Katzen artgerecht und verantwortungsbewusst hält. Vorteile sind z.B. das deutlich geringere Risiko in Kämpfe mit anderen Katzen, Hunden, Dachsen etc. verwickelt zu werden, deutlich weniger Infektionskrankheiten und Parasiten sowie die Sicherheit vor Vergiftungen, Jägern, Tierquälern, Autounfällen.
Doch was hat diese Geschichte mit dem BUND Naturschutz zu tun? Ganz einfach – die Naturschützer:innen freuen sich sehr über diese Sensibilisierung und das Umdenken beim Heimtier Katze.
Katzen sind nämlich nicht nur beliebte Haustiere, die süßen Samtpfoten sind bekanntermaßen auch Jäger. Katzen reißen keineswegs nur Jungvögel oder kranke Tiere. Vor der geschickten Katze ist kein Beutetier sicher ist: Vögel, Eidechsen, Frösche, Schmetterlinge, Wildbienen ... Insbesondere Katzen mit vollem Bauch lieben den Reiz von allem, was sich bewegt. Die Eichhörnchen- und Mauswieselpflegestation „De Kattekers“ (www.instagram.com/dekattekers) zum Beispiel beklagt: „Über 50% der Tiere, die uns gebracht werden, sind Katzenopfer.“ Ihre Hilfe-Videos sind nichts für schwache Nerven, aber sie spiegeln den Alltag in der Station wieder. Am Ende steht ein Wunsch: „Bitte lasst Eure Katzen nicht wildern. Informiert Euch über gesicherten Freigang - der einheimischen Tierwelt zuliebe ... denn Tierliebe sollte sich nicht nur auf das eigene Haustier beschränken. Thank you!!!“
Link zum Video: https://fb.watch/inhcErJ5Tb/
Dabei sind die Katzen wirklich ein ganz besonderes Haustier: Sie haben es geschafft, dass sie als eine der einzigen Haustierarten ihren Freiheitsdrang und Jagdtrieb frei ausleben dürfen. Was ist mit Meerschweinchen, Kaninchen, Wellensittichen? Wieso finden wir die Freiheit unserer Katzen wichtiger als ihre Sicherheit und das Leben ihrer Beutetiere? Wie würden wir uns wundern, wenn täglich verschiedene Hunde durch unsere Gärten ziehen würden, um ein paar Kröten und Eidechsen zu fangen oder mit den Amsel-Babies zu spielen? Kurz bevor sie sich auf den Heimweg machen, würden sie einen Haufen ins frisch bereitete Beet setzen und glücklich schwanzwedelnd weiterziehen. Artgerecht eben? Oder wenn das Pferd der Nachbarin in unserem Blumenbeet grast und äppelt? Na klar ... Quatsch! Hunde gehören an die Leine und Pferde auf die Weide und in den Stall. Und die Kätzchen?
Ja, Katzen als Haustiere haben eine lange Tradition. Als „Schädlingsbekämpfer“ hatten sie früher auf den Höfen eine wichtige Rolle. Heute jedoch gibt es leider immer weniger Höfe und „Jobs“ für Katzen. Katzen werden als Schmusetiere gehalten, mit denen man vermeintlich wenig Arbeit hat. Die gelangweilten Haustiere sorgen dann selbst für Abwechslung, indem sie gesund, ausgeruht und mit vollem Magen ihrem Jagdtrieb folgen ... auf Kosten von Wildtieren.
Immer wieder kommt es zu Konflikten, zum Beispiel im Mindelheimer Naturlehrgarten. Eidechsen, Vögel, Libellen, Spitzmäuse, Frösche, Molche, Ringelnattern, Schmetterlinge, Mauswiesel ... einige der vielen Arten dort stehen auf der Roten Liste. Viele sind einem extrem hohen Druck ausgesetzt, z.B. durch Lebensraumzerstörung, Klimawandel, Umweltgifte, Autoverkehr. Meist sind wir Menschen verantwortlich dafür. Nun dringen in ebensolche Oasen Katzen als wildernde Haustiere ein und haben das Potenzial, lokale Populationen auszurotten.
Ist das freie Ausleben des Jagdtriebs für eine Katze wichtiger als das Leben eines Sperlings? Eines Zaunkönigs, einer Eidechse? Wichtiger als das Leben des Goldfischs im Teich nebenan oder der Hühnerkinder der Nachbarn? Mancherorts wird zu drastischen Maßnahmen gegriffen: in Australien werden streunende Katzen von staatlicher Seite getötet (https://www.dcceew.gov.au/environment/invasive-species/feral-animals-australia/feral-cats).
Hierzulande sind Katzen nicht die Hauptschuldigen am Artensterben. Aber sie sind ein nicht unbedeutender Faktor. Denn heute steht eine stagnierende oder gar wachsende Zahl an Katzen einer immer kleiner werdenden Zahl an Wildtieren gegenüber. Vögel finden z.B. in der Natur immer weniger Nistplätze und weichen auf die Gärten und Parks in der Nähe der Menschen aus. Und dort werden sie von Katzen erwartet und dezimiert. Verkehr, Glasscheiben, Flächenfraß, Insektensterben ... die Summe aller Faktoren bedingt das Artensterben und jeden einzelnen gilt es zu minimieren, so weit das möglich ist. Es ist unsere Verantwortung.
Was also könnte verantwortungsbewusste Katzenmenschen ausmachen und der Artenvielfalt helfen?
Ein Bewusstsein, dass auch Katzen Heimtiere und eben keine Wildtiere sind. Somit tragen wir Menschen für ihre Sicherheit und ihr Handeln die Verantwortung.
Die Tierheime sind voller Katzen und so sollte eine Katze aus dem Tierheim immer die erste Wahl sein bei der Anschaffung eines Haustiers. In manchen Orten gibt es auch Katzenschutzvereine, die Tiere vermitteln.
Katzen mit Freigang sollten kastriert sein, denn die Kastration gilt als wirksamste Maßnahme gegen das Katzenelend. Kastrierte Katzen können sich nicht mit Streunern oder anderen Katzen paaren.
(https://www.tasso.net/Tierschutz/Tierschutz-Inland/Kastration-von-Katzen/warum-freigaenger-und-wohnungskatzen-kastrieren)Katzen sollten gekennzeichnet und registriert sein. So können vermisste Katzen rasch zu ihren Menschen zurückfinden. Im Straßenverkehr oder von anderen Katzen verletzte Tiere können rasch versorgt werden.
Hauskatzen verletzen und töten wildlebende Tiere als Zeitvertreib – Futter bekommen sie ja zuhause. Durch regelmäßige Beschäftigung und das Spielen mit Katzen können die Heimtiere ihren Spiel- und Jagdtrieb zuhause ausleben und weniger draußen.
Optimal für die Sicherheit von Katzen und Beutetieren wäre ein Freigehege oder die Haltung als Hauskatze.
Wie wäre es, wenn wir bei aller Liebe zu unseren Haustieren auch die wildlebenden Tiere und die streunenden Katzen in unsere Gedanken einschließen und für sie Verantwortung übernehmen?
Ein Anfang wäre eine Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Katzen mit Freigang, wie der Deutsche Tierschutzbund sie fordert, gemeinsam mit den ihm angeschlossenen Tierschutzvereinen. Eine entsprechende Vorschrift nach dem Paderborner Modell können Kommunen selbst veranlassen
Weitere Infos:
In Deutschland gibt es ca. 15,2 Millionen Katzen in 24 Prozent der bundesdeutschen Haushalte. Damit sind Katzen das mit Abstand beliebteste Heimtier (Quelle: https://www.ivh-online.de/der-verband/daten-fakten/anzahl-der-heimtiere-in-deutschland.html).
Umsätze im Heimtiermarkt: Markt für Katzenfutter bleibt größtes Futtersegment
Der Fleischverzehr der Deutschen sinkt auf Rekordtief und die Deutschen haben 2022 so wenig Fleisch gegessen wie seit über 30 Jahren nicht. (Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/fleischkonsum-deutschland-rekordtief-100.html)
Im Heimtierbereich ist das Gegenteil der Fall: Mit einem Gesamtumsatz von 2,011 Milliarden Euro im stationären Handel und damit einem Plus von 12,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr blieb der Markt für Katzenfutter auch im Jahr 2022 das größte Futtersegment. (Quelle: https://www.ivh-online.de/der-verband/daten-fakten/der-deutsche-heimtiermarkt.html)
„Unsere Hunde und Katzen haben allein durch ihre Vorliebe für Fleisch einen überraschend großen ökologischen Fußabdruck, wie eine Studie enthüllt. So ist ihr Fleischkonsum indirekt für 64 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß jährlich verantwortlich – das entspricht dem Ausstoß von 13 Millionen Autos.“ Dazu kommen noch enorme Mengen an Verpackungsmüll für Tierfutter. Verarbeitet werden nicht nur Fleischabfälle sondern oft auch Fleisch, das problemlos auf unseren Tellern landen könnte.
(Quelle: https://www.scinexx.de/news/geowissen/umweltsuender-hund-und-katze/)Die IUCN, die Weltnaturschutzbehörde, listet Hauskatzen als eine der hundert gefährlichsten invasiven Feinden der Artenvielfalt weltweit auf. In Australien werden aktuell 2 Millionen Katzen getötet, um Australien wieder katzenfrei zu machen und die zurückgehende Artenvielfalt ... In Deutschland ist es laut Prof. Berthold genauso dramatisch, aber wir haben tierfreundlichere Möglichkeiten. Zu viele Katzen sind der Vögel Tod, Animalicum, https://www.youtube.com/watch?v=7T7hKgDri8M
Tierheime kämpfen jedes Jahr mit einer "Katzenschwemme", weil viele Besitzer ihre Tiere nicht kastrieren lassen und die ungewollten Katzenjungen im Tierheim abgegeben werden. Durchschnittlich beherbergt jedes Tierheim 220 Katzen pro Jahr. Auch Fundtiere sind zumeist Katzen. (Quelle: https://www.tierschutzbund.de/information/hintergrund/heimtiere/katzen/katzenschutz/)
Katzen sind kein Bestandteil unserer lokalen Natur, sondern sie stammen von der afrikanischen Falbkatze ab (https://de.wikipedia.org/wiki/Falbkatze). Als Haustiere stehen sie eben nicht in einer Räuber-Beute Beziehung, welche Bestände reguliert (https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%A4uber-Beute-Beziehung). Auch vom Nahrungsangebot in der Natur sind sie nicht abhängig, denn viele Katzen leben als Haustiere und werden gefüttert, haben ein warmes Plätzchen und werden zum Tierarzt gebracht, wenn sie krank sind. Sie vermehren sich somit unabhängig vom Nahrungsangebot in der Natur.
Die Europäische Wildkatze ist eine heimische Wildtierart mit großen Revieren von etwa 2 bis 9 Quadratkilometern pro Katze (https://www.bund-naturschutz.de/tiere-in-bayern/wildkatze/steckbrief). Das ist kein Vergleich zum Jagddruck in Wohnsiedlungen, in denen sehr viele Hauskatzen auf sehr engem Raum leben. Die Hauskatze ist zudem auch eine Gefahr für die Wildkatzen, da durch Verpaarung von beiden die Hybridisierung droht (wenn Haus- und Wildkatzen sich miteinander verpaaren und fruchtbare Nachkommen hervorbringen). „So wurden beispielsweise durch die FVA Freiburg im Kaiserstuhl und im Markgräflerland aktuell sehr hohe Vermischungsraten von 62 Prozent bzw. 46 Prozent festgestellt. Diese hohe Hybridisierungsrate ist besorgniserregend und stellt regional eine Gefahr für die dortigen Wildkatzenbestände dar; Quelle: https://www.bund.net/themen/tiere-pflanzen/wildkatze/bedrohung-der-wildkatze/
Katzen als Haustiere haben eine sehr lange Tradition, auch als Schädlingsbekämpfer. Heute wird die Ernte oft in Silos oder hermetisch angeschlossenen Lagerräumen gelagert, die für Mäuse und Ratten unzugänglich sind.
„Mehr als eine Million heimischer Vögel fallen pro Tag Katzen zum Opfer, wie eine im Fachmagazin „Biological Conservation“ 2017 veröffentliche Studie herausfand. „Bei Reptilien ist die Zahl noch höher – rund 650 Millionen sterben pro Jahr durch Katzen“, sagt Wissenschaftlerin Legge. Diese Zahlen basieren auf einer Studie, die das Magazin „Wildlife Research“ 2018 veröffentlichte. Dafür hatten Forscher die Nahrung von 10 000 Katzen landesweit untersucht. Im Magen eines einzigen Tieres fanden sie dabei eine Rekordzahl von 40 Eidechsen.“ (https://www.saarbruecker-zeitung.de/nachrichten/panorama/wilde-katzen-rotten-in-australien-etliche-tiere-aus_aid-44332885, Original-Studie dazu https://www.researchgate.net/publication/325787707_How_many_reptiles_are_killed_by_cats_in_Australia).
Einmal jährlich bringt die Kreisgruppe die BNachrichten in gedruckter Form heraus. Es geht dabei vor allem darum, die Mitglieder über die Kreisgruppenarbeit zu informieren, die nicht digital erreichbar sind.